Im Jahr 1971, im Rahmen der Retrospektive, wurden im MAK (Museum für Angewandte Kunst) Arbeiten aus der Zwischenkriegszeit präsentiert, deren Ursprung man Franz Hagenauer zuordnen kann. Diese Büsten und lebensgroße Figuren haben schon seit den 1920er Jahren an Beliebtheit gewonnen, welche manchmal auch als Schaufensterdekorationen Verwendung fanden. Im Vergleich zu industriell gefertigten Schaufensterpuppen aus Kunststoff waren die Büsten und Figuren wertvolle Einzelstücke. Insgesamt wurden sie auch in einer avantgardistischen Gestaltung entworfen, was für ihre Besonderheit spricht. Die kleinen Modellbüsten, oft auch mit Händen und Fingern gefertigt, waren bei Juwelieren beliebt. Sie schmückten diese mit Ringen, Ketten, Armbänder oder Armbanduhren. Diese Stücke waren Kunst- und Funktionsobjekt zugleich.
Eher seltener waren lebensgroße, fast übergroße Ganzkörpermodelle, sogenannte ,,Mannequins‘‘. Manche von ihnen waren sogar über zwei Meter groß. Ein aus Alpaka getriebenes Modell, mit einem Auftraggeber aus dem Ausland, soll umgerechnet über 4700 Euro gekostet haben und gehört demnach zu einem sehr teuren Objekt für die damalige Zeit. Solche Figuren waren für exklusive Kunden auf Anfrage vorbehalten.
In den 70er und 80er Jahren griff Franz Hagenauer die lebensgroßen Modelle und Büsten wieder auf. Es waren Adaptionen der Standfiguren aus den 30er Jahren. Allerdings schwand ihre formelle Bedeutung und ihr praktischer Nutzen wurde aufgehoben. Sie wurden zu ihrer ganz eigenen Klasse neuer Kunstwerke aus dem Haus Hagenauer. Skulpturen einer eleganten Vergangenheit nachempfunden und einer neuen Zeit angepasst.
Solch eine große Skulptur aus dem Jahr 1970 ist der ,,Lebensgroße Trompetenspieler‘‘, welcher 183 cm hoch ist. Aus Messing getrieben, gebogen und ziseliert kommt hier die meisterhafte Ausführung der Werkstätte Hagenauer zum Ausdruck. Der Trompetenspieler verkörpert eine Hingabe an die Kunst, welche die Leidenschaft und das Talent seines Meisters Franz Hagenauer nachahmt. Mit viel Liebe zum Detail gestaltete Franz Hagenauer die Garderobe des Musikers mit zarten Ziselierungen und mit hervortretenden Applikationen, die so besonders plastisch wirken.
Ein weiteres Meisterwerk der großen Figuren von Franz Hagenauer ist der ,,Lebensgroße Pianospieler“. Hier gelang es Hagenauer die körperlichen Merkmale auf eine flache, beinahe zweidimensionale Ebene zu reduzieren. Diese Art der Gestaltung ist besonders charakteristisch für die späte Schaffensperiode der Werkstätte Hagenauer.
Eine Büste aus dieser späten Schaffensphase ist die ,,Große Doppelbüste‘‘ und ist vermutlich um das Jahr 1980 entstanden. Auch sie beruht auf Vorlagen aus der Zwischenkriegszeit. Bei dieser Doppelbüste stellte Franz Hagenauer zwei Frauenköpfe nebeneinander. Die beiden geneigten Köpfe, Wange an Wange in innigem Gleichklang, berühren einander fast und strahlen eine enge Verbundenheit aus. Bei diesem Werk kommen Franz Hagenauers Qualitäten als Bildhauer zum Vorschein, die er sich über die Jahrzehnte angeeignet hat.
Meisterhaft aus einem Stück Messing getrieben, behielt Hagenauer den futuristischen Charakter bei und entwickelte hier radikal reduzierte Köpfe weiter. Er lockerte das Erscheinungsbild der Plastiken mit Attributen wie der stilisierten Nasenpartie und den fließenden und wellenförmigen Locken auf. Mit diesem Spätwerk entwarf Franz Hagenauer eine Skulptur von starker Ausstrahlung und schließt gewissermaßen den künstlerischen Kreis von seinen bildhauerischen Anfängen bis hin zum reifen Alterswerk.