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Loetz: Die Pariser Weltausstellung von 1900 (Teil 1)

Nachdem Max Ritter von Spaun, Enkel von Susanne Gerstner, das Unternehmen im Jahr 1879 übernahm, erzielte die Firma zwar beträchtliche wirtschaftliche Erfolge, aber die angestrebte künstlerische und internationale Reputation blieb aus. Die hütteneigenen Entwürfe waren zu einseitig und es fehlte an künstlerischem Einfluss von außen.

Doch dies sollte sich mit neuer Unternehmensstrategie ändern. Spaun ließ Artikel für Kunstzeitschriften verfassen, in denen er die neuesten Kreationen der Glashütte vorstellen ließ. Mit der Intention die Bekanntheit des Unternehmens zu steigern, verschenkte er auch auserwählte Glaskreationen an Museen und einflussreiche Unternehmer.

Maximilian von Spaun, der Enkel von Johann Loetz

Schlussendlich waren die entstehenden Kooperationen mit großen Institutionen wie der Wiener Kunstgewerbeschule, den Wiener Künstlervereinigungen Künstlerhaus und Secession entscheidend. Ganz besonders war die Zusammenarbeit mit großen Wiener Glasverlegern wie J. & L. Lobmeyr und E. Bakalowits Söhne hervorzuheben.

1896 konnten sich österreichische Unternehmen für die anstehende Pariser Weltausstellung bewerben und Spaun setzte alles daran, eine Genehmigung für eine Teilnahme zu erhalten. Im März 1896 war es schließlich so weit: Die Glasfabrik Johann Loetz Witwe bekam eine Zusage für die große Weltausstellung.

In den kommenden vier Jahren änderte Spaun die gesamte kaufmännische und künstlerische Strategie von Loetz. Sein Ziel war eine erfolgreiche Teilnahme an der Pariser Weltausstellung. Es war zwar nicht die einzige Ausstellung an der Spaun in diesen Jahren teilnahm, aber wohl die mit Abstand Bedeutendste. Besonders in den Jahren 1898 bis 1900 wurden einige neue Glasverarbeitungsmethoden sowie Farbvariationen, chemische als auch technische Errungenschaften forciert. Viele davon wurden auch als Muster und Privilegien (Patente) registriert.

In der Glasfabrik, Maximilian von Spaun ist links im Bild

Zeitgleich verfolgte Spaun mit großer Begeisterung den US-amerikanische Glasproduzent Louis Comfort Tiffany, dessen ,,Favrile‘‘-Gläser in mehreren europäischen Städten ausgestellt wurden. Das irisierende Glas zog die Europäer wie auch Spaun in ihren Bann. Der große Erfolg des amerikanischen ,,Favrile‘‘ Glases inspirierte Spaun in seiner Glashütte selbst irisierende Kunstgläser herzustellen. Urheberrechtlich war dies damals nicht verboten. Er demonstrierte der Welt, dass Loetz genauso hochwertige irisierende Kunstgläser wie die internationale Konkurrenz herstellen konnte.

Doch Spaun wollte den internationalen Trend nicht einfach kopieren und fügte seine eigenen moderneren Akzente hinzu. Seine Vasen beruhten auf traditionellen Formen, welche er mit Verdrehungen und gewellten Muster abänderte. Für die Entwürfe der Weltausstellungskollektion beauftragte Spaun einen eher unbekannten Künstler: den jungen süddeutschen Maler Franz Hofstötter.

Hofstötter sollte 100 Vasen für die Pariser Weltausstellung entwerfen. Spaun war es wichtig, dass einerseits die technischen Neuerungen seiner Glasfabrik hervorgehoben werden und andererseits moderne, außergewöhnliche Vasenformen in Hofstötters Entwürfen im Vordergrund stünden. Ausschlaggebend und worin Hofstötter auch brillierte, waren seine Designs für das irisierende Oberflächendekor. Die Muster sollten dem mitteleuropäischen Trend wiedergeben, aber eben eine ganz eigene künstlerische und moderne Interpretation vermitteln.

Vase von Johann Loetz Witwe, Entwurf von Robert Holubetz, Dekor von Franz Hofstötter für die Weltausstellung in Paris, um 1901
Vase mit zwei Hänkeln von Johann Loetz Witwe, Form von Robert Holubetz, Dekor von Franz Hofstötter, um 1901

Neben diesen Aspekten war auch die Farbgebung vieler Glasvasen neu. Hierfür war Eduard Prochaska (Geschäftsführer von Loetz) ausschlaggebend. Aufgrund seiner Glas-technischen und handwerklichen Kenntnisse, konnten er und seine Mitarbeiter genau entscheiden, wie die kreativen Ideen Hofstötters in die Tat umgesetzt werden konnten.

Insgesamt hob sich die Kollektion für die Weltausstellung von früheren Loetz Vasen, darunter auch einigen Glasschalen und Tellern, stark ab. Zwar gab es einige Glasobjekte, die technisch, formal und farblich nicht gänzlich neu waren, und zum Beispiel auf ältere Modelle zurückgriffen, doch waren viele der Ausstellungsstücke außergewöhnlich und innovativ.

Zweifelsfrei gehört der Dekor Phänomen Genre 387 Rosa mit Silber zu einer dieser Vasen. Sie ist signiert und ist eine der berühmtesten Arbeiten von Loetz, welche auf der Pariser Weltausstellung zu sehen war.

Dekor Phänomen Genre 387

Form und Dekor der 47 cm hohen Vase stammen aus der Feder Franz Hofstötters. So einen komplexen Dekorentwurf auf eine so große Vase zu bannen, war selbst für die Meisterglasbläser der Firma Loetz Witwe eine Herausforderung. Die erfolgreiche Durchführung war das beste Beispiel der meisterlichen Handwerkskunst der ArbeiterInnen. Das Ausstellungsphänomen Genre 387 wurde explizit für diesen Formentwurf entwickelt. Dies lässt dich aus derselben Nummer von Musterschnitt und Dekor ableiten.

Dekor Phänomen Genre 387 im Detail

Kennzeichnend für die Arbeit von Franz Hofstötter ist die typische naturalistische und symbolische Oberflächengestaltung. Der Fuß der Vase, welcher in einem dunklen Ton gehalten ist, kann als Erde verstanden werden. Der Übergang in die blauen und silbergelben Fäden, die sich an dem Korpus der Vase wie Windströme schlängeln, wird als Luft und Atmosphäre interpretiert. Als darauffolgender Abschluss ist der Rest der Vase in orangerot gehalten und stellt das himmlische Feuer dar. All jene Elemente, Erde, Luft und Feuer, sind Voraussetzung für die Erzeugung von irisierendem Glas und müssen geschickt kombiniert werden, um ein solches Kunstwerk zu schaffen.

Mit einer Kreation wie dieser, sollten die Kunstgläser von Louis Comfort Tiffany in den Schatten gestellt werden. Dies ist Loetz auch gelungen. Es war jene und andere Vasen, die ihm bei der Weltausstellung 1900 in Paris nicht nur die höchste Auszeichnung einbrachte, den Grand Prix, sondern auch den internationalen Durchbruch.

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