Putto mit zwei Füllhörnern, Mod. Nr. K 513, Entwurf Bertold Löffler, Ausführung Wilhelm Schleich, Vereinigte Wiener und Gmundner Keramik, um 1910-13, Keramik heller Scherben, glasiert
Lit.: dokumentiertes Foto “Putto mit Füllhörnern, No 156” im MAK, Wien, Inv. Nr. WWF 89-42-1
Von den Anfängen der Wiener Keramik an entstand ein Motiv, das bald zentral für ihre Produktion werden sollte: fröhliche allegorische Figuren in Form nackter Kinder, die gemeinhin als Putti bezeichnet werden. Eines dieser Motive war der Putto mit Füllhorn, der in der Antike seinen Ursprung hatte, während der Barock- und Rokokozeit große Popularität erlangte und von der Wiener Keramik in einer zeitgenössischen Interpretation neu belebt wurde.
Der “Putto mit zwei Füllhörnern”, entworfen von Berthold Löffler, geht auf diese Tradition zurück und zählt mit einer Höhe von nahezu fünfzig Zentimetern zu den größten jemals von der Wiener Keramik hergestellten Figuren. Er gilt zudem als eines der wertvollsten Stücke, die die Manufaktur je angeboten hat. Die Figur zeigt einen großen Putto mit Blumen im Haar, dessen Kopf nach rechts gedreht ist, in einem schreitenden Stand. In seinen Händen hält er zwei bis zum Boden reichende Füllhörner, eines mit Blumen und eines mit Früchten gefüllt. Das Motiv symbolisiert den Überfluss der Natur und stellt gleichzeitig die doppelte Erfüllung menschlicher Bedürfnisse dar: die Früchte stehen für körperliche Nahrung, die Blumen für die geistige und ästhetische Nahrung der Schönheit.
Berthold Löffler, Maler, Grafiker und Designer, gründete 1905 gemeinsam mit Michael Powolny die Wiener Keramik mit. Die Werkstatt arbeitete eng mit der Wiener Werkstätte zusammen und wurde 1912 von Gmundner Keramik übernommen, wobei sie erfolgreich unter dem Namen Vereinigte Wiener und Gmundner Keramik fortgeführt wurde. Die Figur besteht aus hell gebrannter, farbig glasierter Keramik und trägt auf dem Sockel die Werkstattzeichen beider Firmen.
Eine Variante mit schwarz-weißer Dekoration wurde 1912 auf der Frühjahrsausstellung des Österreichischen Museums für Kunst und Industrie gezeigt. Diese Präsentation gilt als wichtiger Meilenstein, da sie zeigt, dass Keramik nicht nur als Gebrauchsgegenstand, sondern als eigenständiges Kunstwerk anerkannt wurde. Neben monochromen Ausführungen wurden gelegentlich auch farbige Varianten hergestellt, wie in diesem Modell, bei dem die Blumen und Früchte in lebhafter Glasur einen auffälligen Kontrast zur weißen Haut des Putto bilden.
Heute gilt der “Putto mit zwei Füllhörnern” als eine der wichtigsten und repräsentativsten Figuren der Wiener Keramik und steht exemplarisch für den künstlerischen Anspruch und die gestalterische Qualität dieser Epoche.
Geboren wurde Löffler 1874 im heutigen Liberec (Böhmen). Ab 1890 studierte er an der Wiener Kunstgewerbeschule, wo der Maler und Grafiker seine Ausbildung u.a. bei Franz von Matsch, Carl Otto Czeschka und Koloman Moser erhielt.
Ab 1900 war Löffler als Illustrator tätig und unterrichtete an der Wiener Kunststickereischule. Im Jahr 1906 gründete er zusammen mit Michael Powolny den kunstkeramischen Betrieb Wiener Keramik, der 1913 mit der Gmundner Keramik fusionierte. Parallel dazu war er auch als Entwerfer für die Wiener Werkstätte tätig. Ab dem Jahr 1909 bis zu seiner Pensionierung 1935 unterrichtete er an der Kunstgewerbeschule die Fächer Zeichnen und Malerei und leitete dort später auch die Werkstätte für Druckverfahren. Löffler starb 1960 in Wien.
Löffler war ein fantasievoller Künstler, dessen Talent vor allem in der ornamental-linearen Zeichnung zum Ausdruck kam (vgl. Arlt/Weilinger, Wiener Keramik, S. 165). Sein künstlerisches Vermächtnis ist eng mit dem Wiener Jugendstil und der Wiener Werkstätte verbunden, für die der vielseitige Künstler Postkarten, Illustrationen, Keramik, Schmuck und vieles mehr schuf.
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