Messingskulptur Doppelkopf, Franz Hagenauer, Werkstätte Hagenauer Wien, um 1970, Messing getrieben, markiert
markiert mit “HAGENAUER/WIEN”, “wHw” im Kreis, “MADE IN/AUSTRIA”
Vgl. zeitgenössisches Foto der Metallplastik Mod.Nr. 1375 im Archiv Hagenauer im Museum für Angewandte Kunst MAK, Wien, Inv. Nr. HAF 1111
Nicht vorrätig
Schon während seines Studiums bei Franz Hanak an der Wiener Kunstgewerbeschule war es Franz Hagenauers Wunsch, Bildhauer zu werden und seine frühen Metallarbeiten zeugen von diesem großen Talent. Bereits zu Beginn der 1930er Jahren gestaltete er futuristische Kopfskulpturen ganz am Puls der Zeit und entwickelte schon damals eine eigene Formensprache, deren Merkmale eine Reduktion auf das Wesentliche und starke Stilisierung waren.
Bei dieser Doppelbüste stellt Franz Hagenauer zwei Frauenköpfe nebeneinander. Die beiden geneigten Köpfe, Wange an Wange in innigem Gleichklang, berühren einander fast und strahlen spürbare Nähe aus. Die Köpfe sind jeweils meisterhaft aus einem Stück Messingblech getrieben. Hagenauer behält mit der ovalen Kopfform den futuristischen Charakter bei, entwickelt hier seine radikal reduzierten Köpfe aus den frühen Jahren zugleich weiter. So schmückt er die Plastiken mit charmanten Attributen wie der stilisierten Nasenpartie oder den gewellten Locken und lockert so das Erscheinungsbild auf.
Der dokumentierte Entwurf für diese Doppelbüste stammt aus 1986. Mit diesem Spätwerk entwirft Franz Hagenauer eine Skulptur von starker Ausstrahlung und schließt gewissermaßen den künstlerischen Kreis von seinen bildhauerischen Anfängen hin zum reifen Alterswerk.
Franz Hagenauer (Wien 1906 – 1986 Salzburg) war ein österreichischer Bildhauer und Designer, der zusammen mit seinem Bruder Karl die Werkstätte Hagenauer Wien führte. Mit seinen avantgardistischen Metallskulpturen hat er österreichische Designgeschichte geschrieben.
Als Sohn des Gürtlermeisters Carl Hagenauer (1872-1928) hatte Franz Hagenauer schon früh die Möglichkeit, die kunsthandwerkliche Seite der Metallverarbeitung im väterlichen Betrieb kennenzulernen.
Künstlerisch veranlagt, erhielt er ab 1920 seine Ausbildung an der Wiener Kunstgewerbeschule zunächst bei bei Franz Cizek (Ornamentale Formenlehre), dann bei Anton Hanak (Bildhauerei) und zeitweise auch bei Josef Hoffmann (Werkstätte für Gürtlerei und Metallarbeiten).
Nach dem Abschluss seiner Ausbildung im Jahr 1925 und einigen Studienaufenthalten in Paris, Rom und Berlin, trat er in die väterliche Metallwerkstatt ein, wo er 1928 offiziell eine Lehre als Gürtler begann.
Bis zum Ableben des älteren Bruders Karl im Jahr 1956 arbeiteten Karl und Franz Hagenauer gemeinsam im elterlichen Betrieb. 1956 übernahm Franz dann die Geschäftsführung und führte die Werkstätte bis zu seinem Tod 1986 weiter.
Die Jugend und Ausbildungszeit Franz Hagenauers in den 1920er Jahren fallen in eine Zeit der kulturellen Umbrüche, in der sich die verschiedenen Kunstströmungen der Moderne herauskristallierten, wie z.B. Art Déco, Neue Sachlichkeit, Bauhaus-Stil. So sind seine frühen, skulpturalen Arbeiten auch vom Futurismus beeinflusst.
In der frühen Phase bis zum Ende der 1930er Jahre ist Franz Hagenauer, seinem künstlerischen Selbstverständnis folgend, vorwiegend als Bildhauer tätig und fertigt stark stilisierte Kopfskulpturen, Büsten sowie halbplastische Objekte aus getriebenem Metall an.
Die zum Teil meisterhaft aus einem einzigen Stück Messingblech getriebenen Skulpturen verkörpern die Suche nach einer modernen, stark abstrahierten Formensprache und sind oft auf geometrische Grundformen reduziert. Mit diesen hochwertigen Einzelanfertigungen legte Franz Hagenauer die Basis für sein künstlerisches Formenvokabular, aus dem er bis in seine späten Jahre schöpfen wird.
In den Jahrzehnten ihres Bestehens und den jeweiligen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen geschuldet, wurden in der Werkstätte Hagenauer zeitweise vorwiegend einfache aber dennoch hochwertige Gebrauchs- oder Dekorationsgegenstände aus Metall bzw. Holz gefertigt. Die Urheberschaft vieler dieser Entwürfe lässt sich heute nicht mehr eindeutig Karl oder Franz Hagenauer zuordnen.
„Gesichert ist…, dass Franz Hagenauer seine künstlerische Erfüllung zeitlebens nicht im Entwurf von Gebrauchs- oder Dekorationsgegenständen fand, (…), sondern in seiner bildhauerischen Tätigkeit.“*
1962 bis 1976 unterrichtete Franz Hagenauer an der Hochschule für angewandte Kunst. Durch seine Lehrtätigkeit und im Austausch mit den Studenten erhielt er neue kreative Impulse für sein eigenes Schaffen. In diese Zeit fällt auch die Entwicklung dreidimensionaler Objekte hin zu nochmals reduzierten, flacheren, zweidimensionalen Kunstobjekten, wie z.B. maskenähnlichen Wandskulpturen.
Ab den späten 1960er Jahren erleben die Arbeiten aus der Werkstätte Hagenauer eine verstärkte Nachfrage aus den USA. In dieser Zeit werden frühe Modelle von Franz Hagenauer, teils in modifizierter Form, wieder produziert und direkt nach Amerika exportiert.
Der Name Franz Hagenauer ist jedenfalls untrennbar verbunden mit der Werkstätte Hagenauer und steht für modern-zeitloses, österreichisches Design.
*Olga Kronsteiner in Monika Wenzl-Bachmeier (Hg.), Hagenauer. Wiener Moderne und Neue Sachlichkeit, Ausstellungskatalog Wagner:Werk Postsparkasse, Wien 2011, S. 48
Werkstätte Hagenauer Wien – stilistische Entwicklung und Bedeutung
Die Werkstätte Hagenauer zählt heute, mit Recht, zu den bedeutendsten Kunstwerkstätten Österreichs des 20. Jahrhunderts. Die klare, strenge Formsprache, kombiniert mit dynamischen Posen und die Verwendung von Messing, vernickelt, patiniert oder blank, sowie Kupfer, Alpacca und Exotenholz, weist einen hohen Wiedererkennungswert auf.
Doch bis die Brüder Karl und Franz ihren eigenen, unverwechselbaren Stil entwickelten, sollte einige Zeit vergehen. Karl und Franz besuchten beide die Kunstgewerbeschule in Wien und lernten unter Josef Hoffmann, Oskar Strnad, Anton Hanak und Dagobert Peche.
Bis zur Schließung der Werkstätte Hagenauer am 30. Dezember 1987 wurden noch Kunstobjekte von herausragender Qualität erzeugt. Die beiden Brüder Karl und Franz Hagenauer haben mit ihrem künstlerischen Vermächtnis sehr stark zur Bildung des Begriffes „Design“ in Mitteleuropa beigetragen und zählen mit Sicherheit zu den einflussreichsten österreichischen Künstlern des 20 Jahrhunderts.
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