Gustav Klimt, Zusammengekauert sitzender Akt nach rechts, Studie im Zusammenhang mit der Frau des Liebespaares in “Tod und Leben”, 1908/09, Kompositionsskizze, Bleistift auf Papier
Lit.: Alice Strobl, Gustav Klimt. Die Zeichnungen 1904-1912, Bd. II, Verlag Galerie Welz, Salzburg 1982,
Werkverzeichnis Nr. 1845, S. 206-207
In Klimts modernen Lebensallegorien sind die Trauer, der Schmerz und die Melancholie als Elementarzustände der menschlichen Seele allgegenwärtig. Dementsprechend war seine zeichnerische Praxis von der unermüdlichen Suche nach den jeweils adäquaten Stellungen und Gesten geprägt. Letzteren ging er anhand des besessenen Studiums der menschlichen Einzelfigur auf den Grund.
Die vorliegende Studie eines nackten, vorgebeugt sitzenden Modells entstand um 1908/09 im Rahmen der frühesten Vorbereitungen für das Gemälde „Tod und Leben“, das Klimt zwischen 1911 und 1916 wiederholt geändert und um neue Figuren ergänzt hat. In allen Fassungen wendet sich eine bekleidete Todesgestalt in voller Länge einem Figurenturm zu. Eine nachdenklich-melancholische Stimmung prägt die nackten, neben- und übereinander gelagerten Menschen verschiedener Lebensalter.
Seine Zuspitzung findet das Grübeln über die Vergänglichkeit des menschlichen Lebens in dem ganz vorne sitzenden Liebespaar. Der Mann beugt sich schützend über die Frau, von ihren gesenkten Köpfen erblickt man nur die Oberseite. Unsere Zeichnung gehört zu jenen Blättern, die nachweislich mit der Frau des Liebespaares zusammenhängen. Von der angespannten Krümmung des Rückens und Nackens, den nach vorne fallenden Haaren bis zur krampfhaft greifenden Hand ist alles auf die Quintessenz des inneren Schmerzes ausgerichtet. Dass Klimts unvergleichliche Linienkunst nicht nur der weiblichen Ästhetik gewidmet ist, stellt diese autonom wirkende Arbeit eindrucksvoll unter Beweis.
Marian Bisanz-Prakken
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