Schreibkommode mit zwei Sesseln, Entwurf Josef Hoffmann für die Kunstschau Wien 1908, Ausführung J. & J. Kohn, Buche gebogen und gebeizt Mahagoni und gefärbtes Obstholz, um 1908
Lit.: Abb. der Sessel auf zeitgenössischem Foto in Markus Kristan, Kunstschau Wien 1908, Verlag der Provinz, Weitra 2016, S. 174;
Abb. der Kommode auf zeitgenössischem Foto in Deutsche Kunst, Jahrgang 1908;
C. Thun-Hohenstein, M. Boeckl, R. Franz, C. Witt-Dörring (Hg.), Josef Hoffmann. Fortschritt durch Schönheit, Ausstellungskatalog MAK Wien, Verlag Birkhäuser, Basel 2021, S. 182
Im Jahr 1908 fand anlässlich des 60-jährigen Thronjubiläums von Kaiser Franz Joseph die Kunstschau in Wien statt. Diese von den Künstlern der „Klimt-Gruppe“ organisierte Großausstellung gilt als bahnbrechendes Ereignis der Wiener Moderne.
Josef Hoffmann hat dafür u.a. das „Kleine Landhaus“ mitsamt Inneneinrichtung entworfen. Diese seltene Schreibkommode mit zwei dazugehörigen Sesseln gehörten zu dem im ersten Stock gelegenen „Schlafzimmer für ein Landhaus“. Ein Foto von der Kunstschau vermittelt einen Eindruck der von Hoffmann gestalteten Räumlichkeiten.
Die gesamte Inneneinrichtung des Landhauses wurde von der Firma J. & J. Kohn produziert, die auf die Fertigung von Möbeln in großer Stückzahl, meist in gebogener Buche, spezialisiert war. Diese aufwändig gestalteten, sezessionistischen Möbel stellen eine Ausnahme in der Produktion Kohn‘s dar. So wurden Mahagoni und ebonisierte Obsthölzer verwendet und in hochqualitativer Tischlerarbeit mit Bugholz kombiniert. Aufgrund der hohen Qualität ist davon auszugehen, dass diese Modelle nicht in Serienproduktion gegangen sind.
Entwurfstechnische Raffinesse zeigt auch der Mechanismus in der oberen, herausklappbaren Lade der Schreibkommode. Sie lässt die Kommode mit zwei Knopfdrucken zum Sekretär werden. Dabei sind, typisch für Josef Hoffmann, die ausziehbaren Laden mit Kugelknöpfen versehen, welche er auch bei früheren Entwürfen verwendet hat. Große Messingbeschläge, als Ladengriffe kombiniert mit französischem Marmor als Bekrönung, verleihen dem sezessionistischen Möbel einen großbürgerlich eleganten Charakter.
Josef Hoffmann (Pirnitz 1870– 1956 Wien), Mitbegründer der Wiener Secession und der Wiener Werkstätte, war ein äußerst produktiver und vielfältiger Architekt und Entwerfer. Er hat im Laufe seiner Karriere mit diversen Formen, Techniken und Materialien experimentiert. Er erzielte in seinen Entwürfen eine starke Reduktion der Form auf das Essentielle und war Wegbereiter des geometrischen Jugendstiles. So entstand sein charakteristischer, geometrischer Stil. Der Umfang seiner Entwürfe geht von Gebäuden über gesamten Inneneinrichtungen, gemäß dem Konzept des Gesamtkunstwerks, bis hin zu kleinen Detailstücken des Alltags. Eines seiner wesentlichsten Werke ist das Palais Stoclet in Brüssel, ein Gesamtkunstwerk welches er unter anderem in Zusammenarbeit mit Gustav Klimt und Koloman Moser für einen wohlhabende Unternehmer zwischen 1905 und 1911 ausgeführte.
Die ursprünglich auf den Holzhandel spezialisierte mährische Firma Jacob & Josef Kohn erweiterte ab dem Jahr 1867 ihre Geschäftstätigkeit um die Produktion von Bugholzmöbeln. Bis zu dem Zeitpunkt hatte die Firma Gebrüder Thonet faktisch das Monopol für die Erzeugung von Bugholzmöbeln inne.
Bei dieser damals neuen Technik wurde Buchenholz unter Einwirkung von Dampf in die gewünschte Form gebogen und ermöglichte damit die serielle Produktion von modernen Gebrauchsmöbeln.
Mit der innovativen Idee, ihre Möbel von wichtigen Designern der Wiener Moderne entwerfen zu lassen, wurde J. & J. Kohn zu einem der stärksten Konkurrenten von Thonet. So beauftragte die Firma einige der angesagtesten Architekten der Zeit, wie z.B. Otto Wagner, Adolf Loos, Josef Hoffmann, Koloman Moser oder Gustav Siegel, mit dem Entwurf von Möbeln. Sie reüssierte damit mit ihren hochqualitativ ausgeführten Einrichtungsobjekten auf vielen Weltausstellungen (Weltausstellung in Wien 1873, Weltausstellung in Paris 1900, Internationale Ausstellung in Turin 1902, um nur einige zu nennen).
Ästhetisch ganz am Puls der Zeit, wurden die modernen Möbel von J. & J. Kohn beim zahlungskräftigen Bürgertum in ganz Europa und Übersee salonfähig. Der große internationale Erfolg war auch dem dichten Vertriebsnetz der Firma zu verdanken, mit Niederlassungen in allen wichtigen europäischen Metropolen.
Mit dem Firmenmotto „semper sursum“ (immer aufwärts) avancierte Jacob & Josef Kohn zu einem der erfolgreichsten Möbelproduzenten in der österreichisch-ungarischen Monarchie. Sitzgarnituren, Vitrinen und typische Jugendstil-Wohnaccessoires (Satztische, Blumensäulen, Etagèren, etc.) aus der Zeit bis ca. 1914 mit dem originalen Klebeetikett oder Brandstempel „Jacob & Josef Kohn, Wien“ sind heute weltweit begehrte Sammlerobjekte.
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